Die 4 Gewitterarten
Das Einzelzellen Gewitter (Single Cell Storm)
Gewitter, die nur aus einer einzigen Zelle bestehen, haben eine Lebensspanne von 20-30 Minuten. Sie sind zumeist nicht stark genug, um schwere Gewitter zu erzeugen. Eine echte Einzelzelle kommt nur selten vor. Auch wenn Gewitter in geringer vertikaler Windscherung getrennt erscheinen, so kann doch die Böenfront des einen Gewitters die Bildung eines anderen Gewitters in der Entferung anregen. Obwohl die meisten Einzelzellengewitter nicht stark sind, so gibt es doch einige Einzelzellen, die, wenn auch in gemäßigter Form, die Kriterien für ein schweres Gewitter erfüllen. Diese Gewitter, genannt schwere Impulsgewitter, bilden sich vorwiegend in labilerer Umgebung als die Einzelzellen, die nicht zu einem schweren Gewitter führen.
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Impulsgewitter scheinen mehr oder weniger zufällig extreme Wettererscheinungen wie Downbursts, Hagel, starke Regenfälle
und schwache Tornados hervorzurufen. Das erscheint uns vielleicht nur deswegen zufällig, weil wir sie nicht so recht verstehen.
Es soll in Erinnerung gerufen werden, daß jedes Gewitter theoretisch fähig ist, einen Tornado zu produzieren.
Die Vorhersagemöglichkeiten sind sehr gering, da die Macher der Wettervorhersagen nie mit Sicherheit sagen können,
ob ein Gewitter zu einem schweren Gewitter wird und in welchem Bereich des Gewitters die extremen Ereignisse auftreten.
Jedoch kann die Microburst Gefahr für die Luftfahrt nicht überbetont werden.
Einzelzellengewitter
Das Mehrfachzellen Gewitter (Multicell Cluster Storm)
Mehrfachzellen Cluster sehen auf den ersten Blick ähnlich aus wie ein Einzelzellengewitter, besonders wenn man berücksichtigt,
daß oft die Sichtbedinungen nicht besonders gut sind, die Gewitterwolke von anderen Wolken teilweise verdeckt wird oder Bäume
und Hügel die Sicht des Beobachters beeinträchtigen.
Der stärkste Niederschlag fällt meist unter der höchsten Wolkenerhebung.
Der Mehrfachzellen Cluster ist die häufigste Art von Gewittern. Er besteht aus einer Gruppe von Zellen,
die alle als eine Einheit wandern, wobei jede Zelle eine unterschiedliche Entwicklungsphase eines Gewitters hat.
Während der Cluster weiterwandert, wird jede Zelle in dem Cluster einmal dominant. Neue Zellen entstehen bevorzugt am Aufwindbereich
(meist die westliche oder südwestliche Seite) des Clusters. Reife Zellen kann man meist in der Mitte des Clusters finden,
die gealterten Zellen im Abwindbereich (meist östlich oder nordöstlich) des Clusters.
Obwohl jede Zelle im Mehrfachzellen Cluster nur etwa 20 Minuten besteht, kann der Cluster selbst über mehrere Stunden erhalten bleiben. Mehrfachzellen Cluster sind gewöhnlich stärker als Einzelzellen, aber wesentlich schwächer als Superzellen.
Sie können starken Regen, Downbursts, Hagel von mäßiger Größe und gelegentlich leichte Tornados erzeugen.
Extreme Wettererscheinungen tendieren dort aufzutreten, wo der Aufwindbereich und der Abwindbereich nahe beieinander sind.
Multicell Cluster
Squallines
Mehrfachzellengewitter, die in einer Linie auftreten, werden Squallines genannt.
Die Squalline besteht aus einer langen Linie von Gewittern mit einer durchgehenden, gut ausgebildeten Böenlinie an der Vorderseite.
Die Aneinanderreihung von Gewittern kann geschlossen sein, es können aber auch kleine Lücken und Unterbrechungen in der Linie auftreten.
Mit der vorrückenden Böenlinie wird warme labile Luft von dem kühlen Ausstrom nach oben in den Aufwindbereich gehoben.
Die stärkste Aufwindzone ist meist an der Vorderseite des Gewitters, wobei es den heftigsten Regen und Hagel kurz hinter der Aufwindzone gibt. Schwächerer Regen, der von älteren Zellen hervorgerufen wird, geht meist über eine breite Zone hinter der aktiven
Vorderseite der Squalline nieder. Squallines können Hagel bis zu Golfballgröße, starken Regen und schwächere Tornados erzeugen,
aber sie sind am ehesten dafür bekannt, daß sie häufig Downbursts hervorrufen. Es kann vorkommen,
daß ein sehr starker Downburst einen Teil der Squalline nach vorne aus der geraden Linie herausbeschleunigt.
Dies erzeugt ein sogenanntes Bow-Echo auf dem Radar. Bow-Echos können sich sowohl aus Einzelzellen als auch aus
Squallines herausentwickeln. Bow-Echos können auf dem Radar leicht erkannt werden, aber sind schwer oder unmöglich von einem Beobachter visuell zu erkennen. Eine sich annähernde Squalline erscheint oft wie ein dunkles Wolkenband am westlichen Horizont. Die große Anzahl von nahe beieinanderliegenden Paaren aus Aufwind und Abwind qualifiziert die Squalline als Mehrfachzellengewitter, obwohl die Squalline eine recht unterschiedliche Struktur im Vergleich zu Mehrfachzellen-Clustern hat.
Aufziehende Squall Line
Die Squalline ist eine geschlossene oder unterbrochene Linie von Gewittern mit einer durchgehenden, gut ausgebildeten Böenfront
an der Vorderseite. Dadurch treten Auftrieb und Abtrieb an der Abwindseite (Osten) auf, an der die Squalline sich in die feuchte,
labile Luft hineinbewegt, welche dann in die Sqalline hineinströmt. Die Böenfront schaufelt warme feuchte Luft in den Aufwindbereich,
und der Regen bringt kühle, trockene Luft aus der mittleren Schicht zum Boden. Dieser Prozeß ist recht effizient.
Daher sind Squallines häufig anzutreffen, besonders dann, wenn sie in einer vertikale Windschwerung eingebettet sind, bei der die Winde in der mittleren Region stark sind. Die extreme Wettererscheinung, die bei Squallines am häufigsten anzutreffen ist, ist der Downburst, mit zerstörerischen Winden, die vom Zeitpunkt des Durchgangs der Böenlinie bis zum Einsetzen des heftigen Niederschlages auftreten können.
Hagel kann zusammen mit dem Regen niedergehen, wobei der heftigste und größte Hagel an der Aufwindzone und nahe der Vorderseite der Squalline auftritt. Ältere Zellen auf der Rückseite der Squalline führen meist zu leichtem Regen, bevor der Regen dann ganz zum Stillstand kommt.
Intensive Gewitter, in seltenen Fällen auch Superzellen, können in eine Squalline eingebettet sein. Die am ehesten wahrscheinlichen Positionen dieser kräftigeren Gewitter sind an der östlichen Kurve, an dem südlichen Ende oder nördlich einer Lücke in der Linie. Beachte, daß alle diese Positioen dem Gewitter erlauben, im Konkurrenzkampf mit den Nachbarzellen, die Oberhand über die tiefe einfließende Luft zu gewinnen.
Die Superzelle
Die letzte der vier Gewitterarten, die wir behandeln wollen, ist die Superzelle. Eine Superzelle ist ein hoch organisiertes Gewitter. Obwohl Superzellen selten sind, verursachen sie einen ungewöhnlich hohen Anteil an Gewitterschäden. So wie die Einzelzelle, besteht die Superzelle nur aus einem hauptsächlichen Aufwindbereich. Allerdings ist der Aufwind in einer Superzelle extrem hoch und erreicht Windgeschwindigkeiten von 240-280 km/h. Die Eigenschaft, die die Superzelle von allen anderen Gewittern unterscheidet, ist Rotation. Die rotierende aufströmende Luft in einer Superzelle wird Mesozyklon genannt und unterstützt die Superzelle dabei, extreme Wettererscheinungen wie riesigen Hagel (>5cm), starke Downbursts von über 130 km/h sowie starke, gewalttätige Tornados zu erzeugen. Wir rufen in Erinnerung, daß die Superzelle in einer Umgebung entsteht, die sehr labil ist, starke Winde in der unteren und mittleren Atmosphäre aufweist und bei der der Wind mit der Höhe seine Richtung ändert. Diese Umgebung trägt zur Organisation der Superzelle bei. Wenn Niederschlag im Aufwindbereich produziert wird, wird er von den starken Winden im oberen Bereich buchstäblich in den Abwindbereich hineingeblasen. Relativ wenig Niederschlag fällt daher zurück durch den Aufwindbereich, so daß das Gewitter eine lange Zeit überleben kann, ohne daß seine Stärke nachläßt.
In der Tat ist der Hauptunterschied zwischen einer Superzelle und Mehrfachzellengewittern nicht die Anzahl der Zellen, sondern das Zusammenspiel von Aufwind mit der Rotation in der Superzelle, was bei Mehrfachfachzellen nicht vorhanden ist. Wie wir noch sehen werden, können gewisse Umstände Superzellen davon abhalten, einen Tornado zu erzeugen, selbst dann, wenn sich ein Mesozyklon ausgebildet hat.
Obwohl die Superzelle die seltenste Gewitterart ist, ist sie wegen der extremen Wettererscheinungen, die die intensiven Aufwinde und Abwinde hervorrufen, doch die gefährlichste.
Die Flanking-Line einer Superzelle verhält sich anders als die eines Mehrfachzellen Clustergewitters. Bei der Superzelle strömen die Aufwindbestandteile der Flanking-Line gewöhnlich im rotierenden Haupt-Einströmungsbereich zusammen und explodieren dann geradezu senkrecht nach oben, anstatt daß sich der Aufwind auf viele kleinere Einzelzellen verteilt, wie es bei dem Cluster der Fall ist. Im Ergebnis füttert der Aufwind in der Flanking-Line den Aufwind der Superzelle, anstatt daß neue Zellen in der Flanking-Line mit der Hauptzelle in Konkurrenz treten.
Die westliche Ansicht auf eine klassische Superzelle läßt den Blick auf die Wallcloud fallen, die sich unter dem starken Aufwindbereich befindet. Außerdem ist der Inflow-Tail zu sehen, der sich auf der dem Regen zugewandten Seite der Wallcloud befindet. Wallclouds tendieren dazu, sich unter dem Nordteil der regenfreien Basis einer Superzelle zu bilden, obwohl auch andere Fälle vorkommen.
Beachte das nahezu senkrechte, gewölbte Aussehen der Wolkenbegrenzung auf der unteren Nordseite des CB, die neben dem Niederschlagsgebiet liegt. Die scharfe Trennungslinie von Aufwind und Abwind führt zu diesem Aussehen.
Beachte auch, daß der Amboß die südwestliche Seite des CB überragt und den Overshooting-Top, beides visuelle Anzeichen für einen starken Aufwind. Der größte Hagel fällt neben und manchmal durch den Aufwindbereich. Daher sind Schäden durch Hagel in der Nähe der Tornadozone am wahrscheinlichsten.
Aufziehende Superzelle |